CD-Cover
Barzaz - Ec'honder

Yann-Fañch Kemener - Gesang; Jean-Michel Veillon - Holzquerflöten; Gilles Le Bigot - Gitarre; Alain Genty - E-Baß; David "Hopi" Hopkins - Percussion.

Gäste: Youenn Le Bihan - Bombarde; Jean-Pol Huellou - Sansa


Das bretonische Barzaz-Trio, hier um zwei wichtige Musiker erweitert, liefert ein Debutalbum ab, wie es selbst die an Überraschungen nicht eben arme bretonische Szene nicht alle Tage bietet. Nach harmlosem oder besser unverdächtigem Beginn mit einer Gavotte, die wie fast alle Stücke absolut tanzbar ist, ist schon die Holzquerflöte von Jean-Michel Veillon ein Genuß. Unversehens fällt jedoch dann der fünfseitige Fretless-E-Baß von Alain Genty ein. Womit das Prägende der Aufnahmen schon benannt ist.

Es ist vor allem der Baß, der scheinbar losgelöst von allen Vorgaben die Aufnahme weit über den Durchschnitt erhebt. Der nächstliegende Vergleich wären die Jazzbassisten à la Eberhard Weber & Co. Bassisten sind notwendig auch in der Folkmusik, deren herkömmliche mittellastige Instrumentierung eben der Tiefen entbehrt, jener Tonbereiche, die für den Bauch zuständig sind. Was kommt dabei heraus?. Schlimmstenfalls spielt der Baß die Melodie nach. Vergiß es! Noch schlimmer: Der Bassist gibt den Takt an. Nichts dergleichen hier. Alain Genty improvisiert, aber das Stück bleibt unverletzt, die Musik weiterhin tanzbar. Hier fließen Gentys Erfahrungen aus Jazz, Fusion und zeitgenössischer Musik kongenial ein und machen die Einspielung zu einem Hörgenuß.

"Dañs fisel" (Danse ficelle), ein "Kan ha diskan", also ein Stück im Ruf-Antwort-Schema, wobei die "Antwort" schon in die letzten Töne der "Frage" einstimmt und alles unendlich aneinander gereiht wird (Bindfadentanz eben). Typisch und schnell erkennbar bretonisch. Hier vorgeführt mit Stimme und Flöte. Dazu intelligent mit Perkussion (Hopi Hopkins) unterlegt. N'eo ket en ho ti tavarnourez, ein langer Gwerz-Gesang von Kemener, der schon einige Solo-Alben zu verzeichnen hat, mit freier Gitarrenbegleitung von Gilles Le Bigot, dessen Qualitäten auch von der Gruppe Skolvan bestens geläufig sind. Er ist führend in der Bretagne auf diesem Instrument neben Soïg Sibéril (Gwerz/Den/Kemia).

An erc'h war an enezeg (La neige sur l'archipel) ist kein traditioneller Titel, sondern geht auf den bretonischen Dichter Maodez Glanndour zurück (1949), ein Zeichen für die Beschäftigung mit bretonischer Lyrik. Entsprechend ist hier die gesamte musikalische Bearbeitung freier, aber nichtsdestoweniger bretonisch, zugleich eine lautmalerische Umsetzung des Themas "Schnee".
Bei Ton bale Bro Pourlet gibt Youenn Le Bihan, ebenfalls Skolvan-Mitglied, seine Bombarde-Visitenkarte ab. Olole - im Beiheft fehlend - verdichtet sich als Schlußstück zu einem bretonischen Folkjazz. Abgemischt übrigens das ganze auf einem Sony DAT 2500. Für mich eine der 10 erlaubten CDs für die einsame Insel. Leibhaftig klingen die übrigens genauso, vgl. den Livebericht in diesem Heft.

Andel Bollé, Folk Michel 1/92



Aufgenommen: 1989 (51:28), 10 Titel, Beiheft mit bretonischen Texten und französischer Übersetzung.
CD: Escalibur CD 828
LP: Escalibur BUR 828
MC: Escalibur CE 1828
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