Les Frères Molard
Bal Triball en public

Eine gemeinsame CD der Molard-Brüder Patrick (Pipes), Jacky (Geige) und Dominique (Drums, Percussion) war schon lange im Gespräch. Gewidmet ist sie dem verstorbenen vierten Bruder Claude, mit dem zusammen die drei 1973 Satanazet, eine der ersten Fest-noz-Gruppen, gründeten. Die Idee, die 35-jährige Präsenz der Molards auf der bretonischen und internationalen Szene zu würdigen, wurde auf dem Festival des Tombées de la Nuit in Rennes 2000 geboren. Gedacht war nicht an eine beschauliche Trio-Einspielung mit den Classics der Vergangenheit, sondern ein aktuelles Album bzw. eine Tournee mit vielen eingeladenen Musikern. Gleichwohl sind Reminiszenzen an jene Bands unüberhörbar, mit denen die Molards den modernen wie traditionellen bretonischen Folk mitgeprägt haben. Mit den Gruppen Gwerz (1981), Pennoù-Skoulm (1982), Archetype (1985) und Den (1987) gelang der internationale Durchbruch. Danach folgte eine bis heute andauernde Zusammenarbeit mit dem Jazzgitarristen Jacques Pellen und dem E-Bassisten Alain Genty sowie unzählige weitere Alben und Projekte, darunter das etwas kurzlebige Label Gwerz Pladenn.

Die Musiker, mit denen Bal Triball durch die Bretagne, Portugal und die Schweiz tourte und im Februar '02 in Carhaix diese CD einspielte, sind kein Querschnitt der musikalischen Vergangenheit, diesbezüglich wären nur zu nennen der langjährige Bombarde-Partner von Patrick, Ives Berthou, der Geiger Christian Lemaïtre und Jacques Pellen. Einige wird man vermissen, Genty vor allem, auch die Freunde von Skolvan oder Soïg Sibéril, ebenso wird manchem das galizische Element fehlen. Eine solche Bandbreite kann man indes auch kaum auf einer CD ohne Brüche unterbringen. Herausgekommen ist eine Mischung traditioneller Stücke und moderner Kompositionen, die es in sich hat. Wie man hört, ist der Vertrieb des Albums sowohl von Keltia Musique wie von Diffusion Breizh mit der Begründung abgelehnt worden, es sei nicht kommerziell genug! Das ist durchaus skandalös, obgleich dem so ist. Ich habe selten eine so kompromißlose Scheibe gehört, die auch vor Free-Folk-Einlagen nicht zurückschreckt, über deren musikalischen Wert man durchaus geteilter Meinung sein darf. Die bulgarische Sängerin Kalinka Vulcheva streift mit ihrer Stimme die Grenze zur gesanglichen Ekstase. Das Album wird für Gesprächsstoff sorgen, ist es doch bei einigen Stücken auf hohem Level provokant. Daß es diesen auch musikalisch besitzt, war bei der Besetzung nicht anders zu erwarten.

Andel Bollé, Folker! 4/2003



Aufgenommen: 2002 (64:49), 8 Titel
CD: TonAll Produksion TA 001
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