Soïg Sibéril
Entre ardoise et granit/Maen glaz ha maen greun

Die zweite CD unter eigenem Namen des bretonischen Gitarristen Soïg Sibéril, Teil der verzweigten "Gwerz-Family" (Pennoù Skoulm, Gwerz, Kemia, Den etc.). Begleitet von Jacques Pellen (g - genannt "Nappes" (Wie kommt ein Tischtuch musikalisch zur Geltung???)), Jacky Molard (Tenor-Gitarre) und last, but not least von Jamie MacMenemy, was besonders herausgehoben zu werden verdient. Jamie, Ex-Battlefield Band, war ein maßgeblicher Teil der legendären Gruppe Kornog mit eben jener Gwerz-Family, und die musikalische Katalysatorfunktion dieser Band für die Bretagne kann nicht genug betont werden (es gab eben nicht nur Stivell). Jamie verschwand aus gesundheitlichen Gründen eine geraume Zeit von der musikalischen Bildfläche. Seit zwei, drei Jahren ist der in der Bretagne lebende Sänger und Bouzouki-Spieler wieder an Deck und hat einige Duokonzerte mit Soïg gegeben, von denen ich eines das Vergnügen hatte zu hören. Eine CD der beiden ist eigentlich ein Muß, außerdem ist - soweit mir bekannt - seit Road to Kerrigourch (1981) kein Solo-Album von Jamie mehr erschienen (und auch das könnte man gut wieder auflegen).

Genug der Vorrede. Die Solo-CD von Soïg bewegt sich zwischen bearbeiteten traditionellen Titeln, sechs eigenen Kompositionen und Randtiteln, darunter die obligatorische Balkanhommage (Cîntec de dragoste) und ein - in der Bretagne mittlerweile auch unverzichtbar - galizisches Stück (Vigo). Soïgs Gitarrenspiel lebt weitgehend von einer bemerkenswerten "Linken" (Beispiele: Ridées du printemps, Feunteun ar Goasaleg), die rechte Schlaghand bleibt im Bereich erreichbaren Pickings (Passons la lande). Bei Studioaufnahmen spielt er meist eine Martin D 18, im Konzert bevorzugt er eine Lowden, beide in offener Stimmung (DADGAD). Dabei ist eine emsige Beinarbeit von Nöten, da diverse Pedale zu bedienen sind, denn Soïg verwendet als Effektgerät einen "Look delay", ein Schweizer Präzisionsinstrument, mit dem während des Konzert Riffs oder Baßläufe von 100 Sekunden Länge aufgenommen und über eine Schleife in die laufende Darbietung eingespielt werden können. Das erhöht zwar den Gagenquotienten, setzt aber einen guten Mixer voraus, und die sind auch in der Bretagne rar, wie ich leider kürzlich feststellen mußte. (Letztlich ist es auch angesichts der unverschämten Ausländersteuer hierzulande nicht unwichtig, wieviele Musiker zu bezahlen sind, obgleich dies sicher nicht der Beweggrund zum Einsatz dieser Technik ist). Auf der CD ist sie auch nicht nötig, hat man doch qualifizierte Mitstreiter oder benutzt das traditionelle Play back. Das Problem einsamer Gitarristen ist die Balance zwischen Abwechslung und Heterogenität oder eben zwischen "Schiefer und Granit". Sie ist hier ausgezeichnet gelungen.

Andel Bollé, Folk Michel 4/97



Aufgenommen: 1996 (11 Titel, DDD, 46:45)
CD: Gwerz Pladenn/Diffusion Breizh GWP 013
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