25 Jahre Yann-Fañch Kemener


Am 29.11.97 fand im Pavillon de Penvillers zu Quimper das wohl spektakulärste musikalische Ereignis des Jahres in der Bretagne statt.

Begonnen hatte alles am 07.04.1973 auf einem Dorf-Fest Noz in der Zentral-Bretagne: Yann-Fañch Kemener hatte seinen ersten öffentlichen Auftritt als Sänger - im Alter von 15 Jahren. Nun feierte er das 25-jährige Jubiläum seiner Sängerkarriere mit einer Veranstaltung, deren Größenordnung selbst für bretonische Verhältnisse bemerkenswert war. 10 Sponsoren beteiligten sich am Gelingen der Veranstaltung, darunter die Stadt Quimper, und das Fernsehen zeichnete fast den kompletten Tag mit.

Das einmalige Spektakel begann um 15:00 Uhr mit der Eröffnung einer Ausstellung von Fest Noz- und Konzertplakaten in Zusammenarbeit mit Skritellaoueg Breizh, dem Museum für Plakate. Man konnte im Pavillon, eigentlich einem festen Riesenzelt, umherwandeln, an den Ständen der Coop Breizh oder bei Dastum CDs kaufen, bei Armor Lux ein Feten-Shirt, oder sich schon mal einen Cidre genehmigen. Mit wenigen Minuten Verzögerung begann dann um 17:00 Uhr ein exzeptionelles Konzert der Superlative.

Anläßlich dieser Feier versammelten sich rund 100 bretonische Musiker aller Generationen, von Ar Re Yaouank bis zur 88-jährigen Eugénie Goadec, die die 1.000 Gesichter der heutigen bretonischen Musik zeigten: von elektrischer Gavotte von Carré Manchot und Jazzigem von Didier Squiban über keltische Harfe von Anne Auffret bis zur Bagad Kemper und dem Männerchor Kanerien Pleuigner. Yann-Fañch präsentierte sich in schlichtes Schwarz gekleidet als Gleicher unter Gleichen; Wichtigtuerei liegt ihm eh nicht. Bei einer Konzertdauer von gut 3 Stunden und perfekter Organisation, gab es viele eindrucksvolle Auftritte zu erleben. Während auf der Bühne die nächste Band aufbaute, fanden vor dem Vorhang die platzsparenderen Auftritte mit den Kan ha Diskan-Kollegen Erik Marchand (ein seltener Moment heutzutage!), Marcel Guillou, Ifig Troadeg, den Morvan-Brüdern (Foto) und Valentine Colleter statt. Selbst Eugénie Goadec (die letzte der in den 70ern legendären Goadec-Schwestern), in der Tracht der alten Leute und mit Coiffe, nahm, obwohl bereits recht wackelig auf den Beinen, doch die Mühe auf sich, auf dieser Jubiläumsfete zu singen. Im Doppelpack mit ihrer Tochter Louise Ebrel (Foto) stolperte sie mehr über den Text und lachte mehr, als daß sie sang.

Yann-Fañchs Auftritte mit Bands wie Gwenfol, Hastañ, Storvan, Tan Ba'n Ty (Foto links), sowie Patrick Marie & Ar Re Yaouank fielen recht unterschiedlich aus. Zwar fügte er sich wie wahres Chamäleon ein, doch echten Eindruck hinterließen bei mir nur zwei dieser Auftritte: Strobinell, elektronisch, balladesk und schön harmonisch, und das Duett mit dem Sänger Kristen Nikolas mit seiner Gruppe Kern (Foto rechts) war schlichtweg brillant - mein persönliches "Dreamteam", das ich schon lange gerne mal hören wollte.

Am Ende des Konzertes wurde der Star des Tages von einigen der Sponsoren mit Geschenken bedacht und wie üblich dankte Jeder Jedem. (YF dankte dem Publikum insbesondere für "votre cœur pour comprendre" - hübsch gesagt!) Und Alan Stivell übermittelte seine Glückwünsche per Cassette. Durchgängig übertrugen zwei große Leinwände an den Seiten, was sich auf der Bühne ereignete, und zeigten nach dem Konzert Filme zum Thema Kan ha Diskan, welche jedoch in der Umbaupause etwas untergingen, zumal es währenddessen auch eine Autogrammstunde von Kemener & Squiban gab, die ihre neuen CDs signierten.

Beim anschließenden Fest Noz mit vielen weiteren bekannten Namen der bretonischen Musikerszene trafen weitere Besucher ein und der Pavillon de Penvillers quoll geradezu über. Um 3:00 Uhr wurde dann zwar etwas abrupt das Ende der Veranstaltung verkündet, doch einige Nimmermüde interessierte das nicht sonderlich. Knapp ein Dutzend Tänzer inklusive zwei des Singens Mächtige hielten sich noch eine Weile über Wasser, bald unterstützt von vier schon betagteren Herren mit 2 Bombarden, Biniou koz und Biniou braz, bis um kurz vor 4:00 Uhr den Ordnern der Geduldsfaden riß.

Die 4.000 Konzertbesucher, die aus der ganzen Bretagne und selbst aus Paris angereist kamen, um dieses Ereignis nicht zu versäumen, konnten viele starke Momente erleben (das Hamburger Auto der Schreiberin dieser Zeilen ward wohl übersehen). Zum gigantischen Fest Noz fanden sich laut Zeitungsangaben rund 6.000 Teilnehmer ein und trotz der Größenordnung bot dieser Musikmarathon eine sehr schöne, fast familiäre Atmosphäre.

Seit seiner Zusammenarbeit mit dem Pianisten Didier Squiban im Jahre 1993 erfolgreicher denn je, setzt sich Yann-Fañch seither ein Denkmal zu Lebzeiten nach dem anderen. Nach der Veröffentlichung seiner Liedersammlung Ende 1996, seiner neuesten CD Kan ha Diskan (siehe CD-Rezensionen) nun mit dieser denkwürdigen Monsterfete.

Brigitte Henselleck, Folker ! 2/98

alle Fotos: Brigitte Henselleck

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